Kettwiger Kräutertee – Museumstücke erzählen

Kettwiger Kräutertee – Museumstücke erzählen

Eine alte Blechdose erinnert an die Firma „Kattwiga“ und an das Sanatorium „Jung-born“

Foto: H.-W. Rieck

von Helmut Wißler

Das im Jahr 1912 von Wilhelm Zähres und seinem Freund Albert Dosse gegründete Unternehmen KATTWIGA produzierte anfangs auf dem Gelände des ehemaligen Sanatoriums Jungborn seine chemischen, kosmetischen und pharmazeutischen Präparate

Von Abmagerung bis Wochenbett werden in dem Leitfaden „Heilsystem Kattwiga“[i], den aufgeführten Krankheiten, auch die von Zähres hergestellten homöopathischen Komplexmittel[ii] zugewiesen.

Unter dem Namen „Kettwiger Kräutertee“ wurden zahlreiche Varianten angeboten. Die Variante Zuckertee war keinesfalls besonders zuckerhaltig, sondern es handelte sich um einen Tee für Diabetiker, der gegen die Zuckerkrankheit und deren Folgen schützen sollte. Die Sorten Bluthustentee (bei Lungenschwindsucht) und Wassersuchtstee (bei Wassersucht, wo noch etwas zu hoffen ist) führen uns vor Augen, dass die „gute alte Zeit“ glücklicherweise hinter uns liegt.

Gegen Ende des 19. Jh. hatte die sogenannte Lebensreformbewegung auch Kettwig erreicht. Der Aspekt der Hygiene wurde als immer wichtiger erachtet, man wollte aufkommenden Epidemien und Krankheiten entgegenwirken. Es entstand darüber hinaus ein Verlangen nach Aufenthalt an der frischen Luft. Neben Turnvater Jahn stand in Kettwig auch Pastor Felke Pate für diese Bewegung. Emanuel Felke war ein evangelischer Pastor, der als Verfechter der Naturheilkunde hervortrat.

1897 erkrankte der Kettwiger Bauernsohn Wilhelm Zähres. Ärztliche Bemühungen halfen ihm nicht weiter, deshalb begab er sich in die Behandlung des „Lehmpastors“ Felke.

Die langjährigen Behandlungen durch Felke ließen Zähres gesunden. Angeregt durch das Studium am eigenen Körper, ließ sich Zähres durch Felke ausbilden und wurde Anfang des 19. Jh. Heilpraktiker in Kettwig. Der bereits seit einigen Jahren bestehende homöopathische Verein Kettwig wurde in Felke Verein umbenannt.

Das Stadtwald-Sanatorium „Jungborn“[i], Ansichtskarte von 1913, Privatarchiv

1907 gründete Zähres zusammen mit zwei Architekten und einem Hotelier auf dem Gelände zwischen Schmachtenbergstraße, Auf der Forst und Prälatenweg, das Sanatorium „Jungborn“, aus dem später das „Stadtwaldsanatorium Jungborn“ im „Luftkurort“ Kettwig wurde.

Bereits vor dem Tod von Wilhelm Zähres und Aufgabe des Sanatoriums in den 1950er-Jahren firmierte die Firma Kattwiga um 1946 als „Pharmazeutische Fabrik Dosse & Co. KG.“ mit dem Verwaltungssitz in der Wilhelmstraße und einer Fabrik in der Bahnhofstraße (heute Ruhrtalstraße).

1966 übernahm der Apotheker Paul Zittlau den Betrieb und verlegte den Firmensitz nach Nordhorn. Die Firma existiert noch heute[iv].

Werbung nach 1962


[1] Heilsystem Kattwiga, F. Flothmann, GmbH., Kettwig, 2. Auflage 1. September 1920

[2] Komplexmittel oder auch Kombinationspräparate sind homöopathische Mittel, die eine Mischung zweier oder mehrerer homöopathischer Einzelmittel verschiedener oder gleicher Potenzierung bzw. Verdünnung darstellen. – Wikipedia

[3] In Folge 3 der „Essener Streifzüge – Aufbruch zum Jugendstil“, von Robert Welzel entsteht der Eindruck, dass auch das Verwaltungsgebäude abgerissen wurde. Das an Kettwig als „Luftkurort“ erinnernde  Jugendstil-Verwaltungsgebäude existiert noch heute. Merkwürdigerweise steht es nicht unter Denkmalschutz.

[4] https://www.kattwiga.de

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Kettwiger Kräutertee – Museumstücke erzählen

Eine alte Blechdose erinnert an die Firma „Kattwiga“ und an das Sanatorium „Jungborn“

Das im Jahr 1912 von Wilhelm Zähres und seinem Freund Albert Dosse gegründete Unternehmen KATTWIGA produzierte anfangs auf dem Gelände des ehemaligen Sanatoriums Jungborn seine chemischen, kosmetischen und pharmazeutischen Präparate

Von Abmagerung bis Wochenbett werden in dem Leitfaden „Heilsystem Kattwiga“[1], den aufgeführten Krankheiten, auch die von Zähres hergestellten homöopathischen Komplexmittel[2] zugewiesen.

Unter dem Namen „Kettwiger Kräutertee“ wurden zahlreiche Varianten angeboten. Die Variante Zuckertee war keinesfalls besonders zuckerhaltig, sondern es handelte sich um einen Tee für Diabetiker, der gegen die Zuckerkrankheit und deren Folgen schützen sollte. Die Sorten Bluthustentee (bei Lungenschwindsucht) und Wassersuchtstee (bei Wassersucht, wo noch etwas zu hoffen ist) führen uns vor Augen, dass die „gute alte Zeit“ glücklicherweise hinter uns liegt.

Foto: H.-W. Rieck

Gegen Ende des 19. Jh. hatte die sogenannte Lebensreformbewegung auch Kettwig erreicht. Der Aspekt der Hygiene wurde als immer wichtiger erachtet, man wollte aufkommenden Epidemien und Krankheiten entgegenwirken. Es entstand darüber hinaus ein Verlangen nach Aufenthalt an der frischen Luft. Neben Turnvater Jahn stand in Kettwig auch Pastor Felke Pate für diese Bewegung. Emanuel Felke war ein evangelischer Pastor, der als Verfechter der Naturheilkunde hervortrat.

1897 erkrankte der Kettwiger Bauernsohn Wilhelm Zähres. Ärztliche Bemühungen halfen ihm nicht weiter, deshalb begab er sich in die Behandlung des „Lehmpastors“ Felke.

Die langjährigen Behandlungen durch Felke ließen Zähres gesunden. Angeregt durch das Studium am eigenen Körper, ließ sich Zähres durch Felke ausbilden und wurde Anfang des 19. Jh. Heilpraktiker in Kettwig. Der bereits seit einigen Jahren bestehende homöopathische Verein Kettwig wurde in Felke Verein umbenannt.

1907 gründete Zähres zusammen mit zwei Architekten und einem Hotelier auf dem Gelände zwischen Schmachtenbergstraße, Auf der Forst und Prälatenweg, das Sanatorium „Jungborn“, aus dem später das „Stadtwaldsanatorium Jungborn“ im „Luftkurort“ Kettwig wurde.

Das Stadtwald-Sanatorium „Jungborn“[3],
Ansichtskarte von 1913, Privatarchiv

Bereits vor dem Tod von Wilhelm Zähres und Aufgabe des Sanatoriums in den 1950er-Jahren firmierte die Firma Kattwiga um 1946 als „Pharmazeutische Fabrik Dosse & Co. KG.“ mit dem Verwaltungssitz in der Wilhelmstraße und einer Fabrik in der Bahnhofstraße (heute Ruhrtalstraße).

Werbung nach 1962

1966 übernahm der Apotheker Paul Zittlau den Betrieb und verlegte den Firmensitz nach Nordhorn. Die Firma existiert noch heute[4].

17. Februar 2023                   Helmut Wißler


[1] Heilsystem Kattwiga, F. Flothmann, GmbH., Kettwig, 2. Auflage 1. September 1920

[2] Komplexmittel oder auch Kombinationspräparate sind homöopathische Mittel, die eine Mischung zweier oder mehrerer homöopathischer Einzelmittel verschiedener oder gleicher Potenzierung bzw. Verdünnung darstellen.

– Wikipedia

[3] In Folge 3 der „Essener Streifzüge – Aufbruch zum Jugendstil“, von Robert Welzel entsteht der Eindruck, dass auch das Verwaltungsgebäude abgerissen wurde. Das an Kettwig als „Luftkurort“ erinnernde  Jugendstil-Verwaltungsgebäude existiert noch heute. Merkwürdigerweise steht es nicht unter Denkmalschutz.

[4] https://www.kattwiga.de